Quelle: OmegaQuant
Ein Blick zurück auf den Beginn
Dr. Bill Harris, Mitgründer von OmegaQuant, beschäftigt sich seit über 35 Jahren mit den langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. Er hat die Entwicklung dieser Substanzen von einem traditionellen Hausmittel mit Lebertran bis hin zu wissenschaftlich untersuchten Nahrungskomponenten begleitet.
In den 1970er Jahren begannen Forschende, die traditionellen Ernährungsweisen der Inuit in Grönland zu untersuchen. Die Wissenschaftler Jørn Dyerberg und H.O. Bang dokumentierten deren Ernährung in Verbindung mit Blutfettprofilen und fanden hohe Konzentrationen bestimmter Omega-3-Fettsäuren im Blut. Diese Entdeckung war ein Wendepunkt für die Forschung.
1978 erschien ein richtungsweisender Artikel im Fachjournal The Lancet mit dem Titel: „Eicosapentaensäure und die Prävention von Thrombosen und Atherosklerose?“. Die Hypothese: Eicosapentaensäure (EPA) könnte bestimmte Stoffwechselwege im Blut beeinflussen. Die Diskussion um mögliche Zusammenhänge zwischen Ernährung, Fettsäuren und Gefäßgesundheit wurde damit eröffnet – ein neuer Fokus entstand.
Die 1980er: Wissenschaftlicher Durchbruch
Am 9. Mai 1985 veröffentlichte das renommierte New England Journal of Medicine gleich drei Studien, die sich mit unterschiedlichen Aspekten von Omega-3-Fettsäuren befassten – von der Epidemiologie bis zur klinischen Anwendung. Dieser Tag markierte eine breite Anerkennung von Omega-3-Fettsäuren in der medizinischen Forschung.
Ein weiterer Meilenstein folgte mit der DART-Studie, die in The Lancet publiziert wurde. Sie untersuchte den Einfluss von Ernährungsumstellungen auf das Sterberisiko nach einem Herzinfarkt. Die Ergebnisse zeigten, dass der regelmäßige Verzehr von fettem Fisch mit einer niedrigeren Gesamtsterblichkeit assoziiert war – ein Ergebnis, das international diskutiert wurde.
GISSI-Prevenzione: Eine große Studie mit vielen Fragen
Im Jahr 1999 wurde eine der bis heute größten Studien zu Omega-3-Fettsäuren veröffentlicht: die GISSI-Prevenzione-Studie. Über 11.000 Personen nach einem Herzinfarkt nahmen daran teil. Die Untersuchung legte den Fokus auf die Einnahme von Omega-3-Supplementen – nicht auf eine diätetische Umstellung. Die Resultate wurden breit rezipiert, lösten aber auch zahlreiche Folgefragen zur Interpretation aus.
Drei Jahre später zeigten Daten, dass beobachtete Effekte bereits nach drei Monaten auftraten. Einige Forschende vermuteten, dass dies auf elektrophysiologische Prozesse zurückzuführen sein könnte.
Neue Wege: Der Omega-3-Index entsteht
Im selben Zeitraum entwickelten Dr. Harris und der deutsche Kardiologe Dr. Clemens von Schacky eine neue Messmethode: den Omega-3-Index. Dieser Blutwert beschreibt den Anteil von EPA und DHA in den roten Blutkörperchen. Er wurde später in der Fachzeitschrift Preventive Medicine als möglicher Risikomarker für Herz-Kreislauf-Gesundheit vorgeschlagen – ohne therapeutischen Anspruch.
Mit der Einführung des Tests durch ein Diagnostiklabor im Jahr 2011 wurde ein neues Werkzeug für die individuelle Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren geschaffen.
Ein Jahrzehnt der Kontroversen
Zwischen 2010 und 2018 wurden zahlreiche Studien durchgeführt, doch viele davon lieferten keine klaren positiven Ergebnisse – etwa OMEGA, ORIGIN, VITAL oder ASCEND. Die Presseberichte waren überwiegend kritisch. Die Diskussion um Omega-3-Fettsäuren blieb jedoch lebendig, da andere Forschungsrichtungen weiterhin Interesse an diesen Nährstoffen zeigten.
Ein zusätzlicher Rückschlag war die SELECT-Studie (2013), die einen möglichen Zusammenhang zwischen Omega-3 und Prostatakrebs vermutete – eine Hypothese, die seither wissenschaftlich relativiert wurde, aber das öffentliche Vertrauen erschütterte.
Das Comeback: REDUCE-IT und die Frage nach der Dosis
Im Jahr 2018 wurde die REDUCE-IT-Studie vorgestellt. Hierbei wurde eine hochdosierte Form reiner EPA-Fettsäure eingesetzt (4 Gramm täglich). Die Ergebnisse deuteten auf einen statistisch signifikanten Effekt bei bestimmten Endpunkten hin. Dies sorgte für neues Interesse – insbesondere an hochdosierten, gereinigten Omega-3-Produkten, deren rechtlicher Status jedoch stark reguliert ist.
2020 folgte die STRENGTH-Studie, die ähnliche Mengen an EPA und DHA untersuchte. Die Ergebnisse blieben hinter den Erwartungen zurück – ein weiterer Hinweis darauf, wie komplex die Wirkungsweise von Omega-3-Fettsäuren sein kann.
Fazit
Die Geschichte der Omega-3-Forschung ist reich an Höhen und Tiefen. Von traditionellen Ernährungsweisen über präklinische Entdeckungen bis hin zu groß angelegten klinischen Studien ist deutlich geworden: Omega-3-Fettsäuren sind ein viel untersuchtes Thema. Dabei bleibt festzuhalten, dass nicht jede Studie zu klaren Aussagen führt – insbesondere, wenn es um gesundheitliche Wirkungen geht, die in Deutschland nur in sehr begrenztem Rahmen kommuniziert werden dürfen.
Die Diskussion geht weiter – wissenschaftlich, rechtlich und gesellschaftlich.